21 April 2023

Heute ist mein 5. Geburtstag

Mein 5. Geburtstag

Ja, nach meiner neuen Zeitrechnung, habe ich heute Geburtstag. Vor 5 Jahren bin ich in der Wohnung umgefallen. 4 mal konnte ich wieder aufstehen. Wunderte mich aber, warum ich überhaupt umgefallen bin. Beim 5. mal klappte es mit dem Aufstehen nicht mehr. Ich verstand es nicht. Ich lag dann 3 Tage in der Wohnung auf dem Boden. Es vermisste mich ja auch keiner. Denn meine Bezugspersonen waren in den Jahren vorher gestorben. Vater, Mutter, Opa, beide Omas, Onkel. Ich lag dann auch hier, und dachte über mein Leben nach. Nachdem ich in meiner normalen Schulzeit unter "ferner liefen" zugeordnet werden konnte, hatte ich dann doch in kurzer Zeit viel erreicht. Von der Hauptschule ohne Abschluss abgegangen, hatte ich diesen nachgeholt, eine Ausbildung abgeschlossen zum Einzelhandelskaufmann, Fachabitur hinter mich gebracht und bis zum staatlich geprüften Betriebswirt weiter gemacht. Zwischenzeitlich auch noch ein eigenes Geschäft geführt, "Heimtierbedarf Ralf Duyster", später dann bei Pelikan Hardcopy Sachbearbeiter im Versand und Export, Betriebsrat und Auditor gewesen, nachdem das Unternehmen geschlossen wurde war an anderer Stelle Versandleiter. Aber auch diese Unternehmen wurden geschlossen. Und nein! ES LAG NICHT AN MIR! 😇

Früher war ich Kampfsportler. Diesmal konnte ich nicht mal mehr vom Boden aufstehen. Und wusste nicht warum. Und mir war klar, wenn ich 3-4 Tage nichts trinke, wird es irgendwann vorbei sein. Und es war mir egal. Denn wie erwähnt, wartete niemand mehr auf mich. Also was soll ich noch auf der Erde? Einfach nur einschlafen und die Sache ist erledigt. Mir war es egal. 

Es ging doch weiter

Aber es kam anders. Sonst könnte ich das hier nicht mehr schreiben. Während ich hier lag, klingelten auch mehrfach Telefon und Handy. Aber ich konnte ja nicht dran gehen. Mein Festnetztelefon stand auf der Ladestation auf dem Schreibtisch. Mein Handy hatte ich vorher ins Bett geworfen, weil ich ja eigentlich dann ins Bett wollte. 

Dann klingelte es abends gegen 18 Uhr irgendwann an der Tür. Da ich 2 verschiedene Klingeln habe, hörte ich das war an der Haustür. Nutzte aber nichts, weil ich ja nicht öffnen konnte. Ein paar Minuten später, klingelte und klopfte es hier oben an der Wohnungstür. Es war eine Polizeibeamtin. Ich konnte ihr dann durch die Tür sagen, was los ist. Sie, oder die 2. Beamtin, rief dann die Feuerwehr und den Rettungsdienst. Die Feuerwehr öffnete dann die Wohnungstür. Dann standen die Leute vom Rettungsdienst neben mir. Auch die beiden Polizeibeamtinnen waren kurz in der Wohnung. Vermutlich um sich umzusehen ob noch jemand hier war. Aber ich bekam dies nur noch am Rande mit. Wie im dichten Nebel. Denn das ich 3 Tage nichts getrunken hatte, zeigte schon seine Wirkung. 

Später bekam ich auch mit, warum die Leute bei mir waren. An dem Tag, an dem ich umgefallen bin, hatte ich noch mit einer lieben Bekannten telefoniert. Marion Ruthner. Ich kenne sie leider nur durch Internet und Telefon. Ich habe sie noch nie persönlich getroffen. Aber ihr war aufgefallen, dass ich nicht mehr - im Gegensatz zu sonst üblich - im Internet war. Und sie war es, die mich dann mehrfach angerufen hatte, um zu hören ob alles ok ist. Weil ich mich nicht gemeldet habe, hat sie hier in Düren bei der Polizei angerufen, und gesagt, dass hier irgendwas nicht stimmt. Daraufhin kamen die Polizeibeamtinnen zu mir. 

Also kann ich klar sagen, Marion Ruthner ist meine Lebensretterin. Hätte sie nicht so reagiert, hätte man mich irgendwann halb verwest in der Wohnung gefunden. 

Im Krankenhaus wurde dann festgestellt, dass ich MS habe. Ich sagte noch zu dem Arzt "Wie soll ich denn daran kommen? In meiner Familie hat niemand MS." Er meinte, das spielt keine Rolle. Das kann jeder bekommen. 

Im Krankenhaus hatte ich mir über den sozialen Dienst vom Krankenhaus eine Betreuerin "zugelegt". Denn mir fehlte die Motivation für alles. Diese hat dann vieles geregelt, wie das ich Frührente bekomme und so. Da hat sie mir also wirklich geholfen. Das ich sie nach 4 Jahren wieder außer Dienst gestellt habe, hatte andere Gründe. Dazu komme ich später noch. 

Die Reha

Im Anschluss folgte die Reha. Dort war ich die ersten Wochen nur mit einem Rollstuhl unterwegs. Ich saß oft im Rollstuhl unten in einer großen Halle, oder im Eingangsbereich. Ich wusste also, irgendwas ist anders mit mir. Ich habe zwar geahnt, dass es Depression sein könnte. Und so war es auch. Ich wollte mit einer Psychotherapeutin reden. Ich sprach mit ihr und nach 10 Minuten sagte sie mir "Sie haben eine Depression!" Das erklärt auch warum ich zu Hause hingenommen habe, dass ich sterben würde. Und es war mir egal. 

Das einzig Positive für mich war, dass ich im Krankenhaus meinem Bettnachbarn geholfen habe. Er hatte 10 oder 20  Jahre vorher (ich weiß es nicht mehr genau) einen Flugzeugabsturz überlebt, und hatte nun ein Problem mit dem Sprechen. Deshalb war er im Krankenhaus. Irgend wurde er nervös weil seine Frau nicht kam wie sie angekündigt hatte. Er wollte seinen Sohn in Italien und seine Schwiegermutter in Düren (glaube ich) anrufen, ob die was wissen wo sie steckt. Aber er hatte das Problem mit dem Sprechen und er war total nervös. Ich sagte ihm dann, ob ich für ihn anrufen sollte. was ich dann auch tat. Aber niemand wusste was. Dann sagte ich ihm, ob ich die Polizei anrufen soll damit die mal nachsehen ob sie zu Hause ist oder ob sie unterwegs einen Unfall hatte. Dies taten sie dann auch. Es waren auch 2 Beamte bei uns im Krankenzimmer, Aber die waren noch wegen etwas anderem da. Denn sie brachten unseren Zimmernachbarn mit, der zu Fuß nach Hause wollte. rund 30 km entfernt. Ich dachte erst schon, dass da ein Zusammengang bestand, aber der Kontakt zwischen dem Mann und der verschwundenen Frau ging nicht über ein "Hallo" hinaus. Da der Mann immer noch ganz nervös war, sprach ich mit den Polizisten und erklärte ihnen was los war.

Jedenfalls kam am Ende dabei raus, die Frau wollte sich zu Hause umbringen. Ein Nachbar hatte etwas mitbekommen und verschaffte sich mit seinem Sohn Zutritt zu dem Haus. Dort fanden sie die Frau auf dem Speicher. Sie hatte irgendwas geschluckt. Sie  musste vom Notarzt 2 Stunden reanimiert werden. 

Denn Mann traf ich dann in der Reha öfter weil er auch dort war. Entweder bei Anwendungen, oder auf dem Flur zufällig, oder unten in dem großen Raum. Dort saß ich dann auch mit ihm und wir plauderten. Seine Frau lag wohl 2 Monate auf der Intensivstation. Aber als meine Zeit dort langsam zuende ging nach 8-9 Wochen, saß ich wieder im Flur, grübelte über mich und mein Leben, und da hilft der Aufzug weil jemand ausstieg. Da stand der Mann mit seiner Frau, er sagte zu ihr "Guck, da isser". Die Frau und ich winkten uns zu. War positiv sie da wieder zu sehen und ihr ging es offenbar gut. 

Ich fragte den Mann auch mal warum seine Frau sich umbringen wollte. Aber das konnte er mir nicht sagen. Denn sie wusste es selber nicht. Nach Gesprächen mit einem Psychologen kam wohl raus, dass ihr das alles zu viel war, dass der Mann im Krankenhaus war und sie sich um alles kümmern musste zu Hause. Aber genaueres konnte selbst der Psychologe nicht sagen. Aber was solls? Hauptsache der Frau ging es wieder halbwegs gut. 

Das war jedenfalls so ein kleines Erfolgserlebnis für mich, weil ich ihn da etwas helfen konnte. Das hat mich in dem Moment von meinen eigenen Problemen abgelenkt. 

Das ist jetzt 5 Jahre her. In der Zwischenzeit musste ich mehrfach feststellen, es sind nicht alle perfekt, in ihrem Job. Und das ist jetzt noch nett ausgedrückt. Ich weiß, in keinem Bereich gibt es nur Leute, die ihren Job verstehen. Aber gerade, wenn es um kranke Leute geht, ist das doppelt traurig. 

Betreuung, die keiner braucht

Z.B. die oben erwähnte Betreuerin, habe ich nicht umsonst ihres Dienstes enthoben. Die ganzen 4 Jahre war ich unzufrieden mit dem, was sie tat oder nicht tat. Angefangen damit, das ich sie nur anrufen konnte. Ich bin es noch von meinem früheren Job gewohnt, wenn ich etwas abklären musste, schreibe ich eine Mail, und mein Gegenüber konnte dies dann bearbeiten wenn er oder sie Zeit hatte. Denn so muss man nicht jedesmal gedanklich "hin und her" springen zwischen verschiedenen Themen. Das ist nicht nur belastend für einen selber sondern so können auch Fehler entstehen. Aber es gibt wohl Leute die sehen dies nicht so. 

Als ich mich wegen einem gebrochenen Bein im Krankenhaus befand, war sie der Meinung, dass sie meine Wohnung kündigen wollte und ich in ein Pflegeheim ziehe. Und warum? Damit sie weniger Arbeit hat wenn ich im Heim bin. Das sagte sie mir am Telefon. Ich machte ihr natürlich klar, dass dies nicht drin ist. Ich wusste zwar nicht warum mein Bein gebrochen war, aber deswegen mein ganzes persönliche Zeug wegwerfen, was ich zum großen Teil noch von meinen Eltern habe? Also da hat es bei mir aufgehört. Im Pflegeheim wurde sie von einem Krankenpfleger angerufen, der sich als Therapeut versuchte, sie soll meinen Rollstuhl und Rollator mitbringen, damit ich wieder mobil werde. Dies hat sie aber verneint. Und das war dann der Punkt, wo es mir reichte. Ich habe dann dem Gericht mitgeteilt, dass ich diese Betreuerin nicht mehr will und gab ihr Hausverbot für meine Wohnung. Denn ich lasse niemanden in meine Wohnung dem ich nicht mehr trauen kann. 

Jetzt kümmere ich mich selber um meinen Kram. So hab ich alles selber wieder unter Kontrolle. Das ist zwar alles nicht so einfach, da ich mich solange nicht mit dem Kram beschäftigt habe. Es ist auch noch nicht alles perfekt. Aber es wird langsam. Ich bin immer noch Betriebswirt. Wenn auch in Frührente. Ich war mal Versandleiter, Betriebsrat, Auditor. Das erwähnte ich ja oben schon. Aber ich muss den Kopf wieder frei kriegen damit ich mich um meine Sachen kümmern kann. Es ist nicht alles perfekt, aber es wird langsam wieder. Ich weiß ja wie alles geht und was ich nicht weiß, kann ich im Netz nachsehen. Mir fehlt nur noch die Motivation, die ich mal hatte. Das ist mein Problem. 

Aber ich habe ja auch mein Gewerbe wieder angemeldet, für das Onlinemarketing. Mein Unternehmen heißt "Duyster.de". Ich bin zwar noch dabei, dies aufzubauen. Aber ich habe ja keinen Stress. Ich bin ja in Rente. Daher kann ich das auch alles langsam angehen. Stress ist sowieso ungesund für meine MS. Und zwar jede Art von Stress. 

Ich will mir mit Duyster.de nicht nur ein zweites Standbein neben der Rente aufbauen, sondern damit auch anderen helfen. Die Themen siehst du ja oben rechts am Rand. 

So kann ich noch was Positives in meinem 2. Leben machen. Ich werde auch bekannt machen, was mit diesem Gesundheitswesen in Deutschland nicht stimmt. Sicher, es ist eines der besten der Welt. Trotzdem ist nicht alles perfekt. Gerade wenn man selber krank ist, merkt man dies. Dies werde ich in absehbarer Zeit noch in meinem MS Blog veröffentlichen. Auch damit tue ich dann was Gutes, indem ich den Kranken zu einem besserem Leben verhelfe. Ich dachte auch schon mal an einen offenen Brief an unserem Gesundheitsminister. Er ist zwar im gleichen Dorf aufgewachsen wie ich, in Oberzier bei Düren, aber ob er dies dann selber lesen wird weiß ich natürlich nicht. Ich bezweifele es. Aber wenn man es nicht versucht, ändert man auch nichts. Und ich klebe mich dafür ja nicht auf der Straße fest. 😆

Jedenfalls hab ich in den letzten 5 Jahren gemerkt, wie die Leute sein können. Auch angebliche Freunde. Ich habe also gelernt, wen ich im Leben brauche und wen nicht. Und dies werde ich mir merken. Positiv reden kann ich über Aouatif Mouradi und Julia Wollermann von Schöner Leben in Düren und Ellen Simmler von AfH in Düren. Es gibt also auch im Gesundheitswesen noch Leute, die ihren Job ernst nehmen und anständig mit den Kranken umgehen. Auch die meisten der jeweiligen Angestellten, zählen dazu. Liegt wohl an der Personalführung. Aber ich muss auch erwähnen, nicht bei allen hilft gute Personalführung. 😕

Um auf das ursprüngliche Thema zurück zu kommen: Ich bin seit heute 5 Jahre alt. Und ich werde meine Fähigkeiten aus meinem ersten Leben nutzen, um mein Leben wie auch das von anderen Leuten zu verbessern. Damit es auch einen Sinn hat, dass Marion Ruthner mit ein 2. Leben verschafft hat. Und gerade für heute habe ich mir vorgenommen, was ich schon längst hätte in Angriff nehmen sollen. Mein Leben wieder besser organisieren, wie es mal war. Auch wenn das in einem anderen Leben war. Aber früher war ich sehr kleinlich in gewisser Hinsicht. Und da will ich wieder hin. Auch wenn das nicht "von Heute auf Morgen" geht. Aber der Wille ist da. 😉

Es gibt an verschiedenen Stellen Leute, die hilfsbereit sind. Auch wenn diese immer weniger werden. Doch somit sind die Leute wertvoller, auf die man sich verlassen kann. Die Krankheit hat meine Lebensplanung leider sehr durcheinander gebracht. So werde ich niemals mit einer Freundin am Strand spazieren gehen können. Denn ein Rollator lasst sich im Sand nicht so gut schieben. Aber ich werde das Beste daraus machen. Und mit der richtigen Frau an meiner Seite, wird dies auch möglich sein. Ich weiß, man soll sein Leben nicht von jemandem abhängig machen. Aber sinnvolle Unterstützung würde helfen. Und ich würde sie auch unterstützen, soweit mir dies möglich ist. Ich bin also körperlich nicht mehr "der Alte". Aber mein Charakter ist noch der gleiche, trotz vieler Rückschläge im Leben. Darum werde ich mein 2. Leben sinnvoll nutzen. Auch wenn es Leute gibt, die mir dies erschweren. Aber ich bin ein Fighter. Auch wenn ich mich schon mal daran erinnern muss. Und ich habe nun mal die Möglichkeit eines 2. Leben. 

DANKE, MARION! 😘

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